Schule ohne Rassismus?

Seit letztem Jahr befindet sich am Eingang des Lilienthal-Gymnasiums das Schild "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage". Das FlugBlatt klärt mit der Diversity AG die Hintergründe, spricht zusätzlich über Schritte für den Alltag und die Zukunft. Außerdem beschreibt die WK, wie sie die Atmosphäre am Lilienthal-Gymnasium wahrnimmt.

Artikel: Viktoria Eret (7.1); Gastbeitrag: Ephrem Kounoudji

 

 

  Schule ohne Rassismus? 

 

Eine „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. So kann sich das Lilienthal-Gymnasium seit dem 20. September bezeichnen. Doch trifft diese Aussage überhaupt auf uns zu? Sind rassistische Aussagen in den Umkleidekabinen der siebten Klassen nicht schon zur Normalität geworden? Und wie sieht es mit dem Migrationshintergrund aus? 16,6 Prozent sind für eine Schule in unserer Stadt nicht besonders viel, wenn man sich auf der Seite „Gymnasien in Berlin“ die Vergleichszahlen anschaut. Allerdings fühlen sich laut repräsentativen Umfragen der „Antidiskriminierungsstelle des Bundes“ 23,7 Prozent der Schüler:innen mit Migrationshintergrund in ihrer Schule oder Ausbildung diskriminiert. Wie sieht es in unserer Schule aus? Und was bedeutet überhaupt dieser Titel „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“? Heißt es, dass die Schule seit dem 20. September rassismusfrei ist? Um der komplexen Thematik etwas näher zu kommen, habe ich der Diversity-AG ein paar Fragen zu diesem Thema gestellt.

 

Hinter der Verleihung des Schildes

FlugBlatt: Erste Frage, warum haben wir das Schild eigentlich überhaupt bekommen? Habt ihr außerhalb der Anmeldung vielleicht irgendwelche Workshops organisiert oder Aufklärungsarbeit geleistet?

Diversity-AG: Also letztes Jahr haben wir auf jeden Fall Vieles erreicht. Wir haben zusammen mit der Roboter-AG die „Schräge Kiste“ gegründet, Slides gemacht und Aufklärungsarbeit geleistet. Und dann gab es auch eine Wahl, bei der man als Schule entscheiden konnte, ob wir eine  Schule ohne Rassismus werden wollen. Die Schulgemeinschaft hat dafür gestimmt. Ich verstehe auch nicht, warum man dagegen stimmen würde. Wir haben auf unserem eigenen Instagram-Account viele Slides zum Beispiel zum Black History Month gemacht. Und davor haben Frau Erler und Frau Ketterl eine Box eingerichtet, in die man nach einer Erfahrung mit Rassismus einen Zettel einwerfen konnte. Darauf haben wir auch aufgebaut. Aber auf jeden Fall war die „Schräge Kiste“ sozusagen unser Projekt, womit wir uns auch beworben haben.

 

Workshops

FlugBlatt: Und sind die Workshops, die uns bei diesem Herbstfest versprochen wurden, überhaupt realistisch? Könnt ihr dazu schon mehr sagen?

Diversity-AG: Also für die Klassen auf jeden Fall. In der Oberstufe könnte es etwas schwieriger werden. Es kommt sowieso immer darauf an, welche Workshops es sind und für welches Alter sie im Endeffekt geeignet sind. Wahrscheinlich wird Frau Erler das organisieren. Man kann auch als ganze Schulgemeinschaft hingehen. Wir können dem Netzwerk von „Schule ohne Rassismus, Schule ohne Courage“ schreiben, wenn wir einen Workshop machen möchten.

 

Persönliches

FlugBlatt: Einfach mal so eine persönliche Frage: Wurdet ihr denn schon mal persönlich mit Rassismus konfrontiert oder habt es vielleicht von anderen Mitschülern gehört?

Diversity-AG: Also mein Vater kommt aus dem Iran und es war jetzt vielleicht kein Schulerlebnis, aber ein paar Dinge, die bei ihm so vorgefallen sind, sind einfach unangenehm. Und mein damaliger bester Freund in der Grundschule wurde mal fertig gemacht. Da war ein Mitschüler, der ihn immer rassistisch beleidigt hat. Ich glaube, egal aus welchem Grund und für welche Eigenschaft man diskriminiert, es ist immer schrecklich.

Und es ist nicht legitim, weil wir alle Menschen sind und es ist wichtig, dass wir da sind. Auch wenn es vielleicht keine Diskriminierung ist: Wenn man sich anderen Menschen gegenüber menschlich schrecklich verhält, ist das etwas extrem Unschönes und ich denke, das wollen wir mit diesem Siegel ausdrücken, dass wir einfach alle zusammen eine Schulgemeinschaft sind und dass wir für Toleranz und Akzeptanz kämpfen. Und auch dafür, dass jeder so sein kann, wie er ist und dass wir jeden so vielleicht auch irgendwie lieben.

 

In der Schule Hilfe holen

FlugBlatt: Gibt es denn irgendwelche Ansprechpartner, an die man sich wenden kann, wenn man Rassismus erfahren hat?

Diversity-AG: Also man kann sich immer an Frau Erler und Frau Pohl wenden. Ich glaube, Frau Erler ist direkt für Diskriminierung aufgrund von Sexualität und Frau Pohl generell für Rassismus zuständig. Und sonst gibt es auch Vertrauenslehrer, an die man sich wenden kann. Man kann auch direkt in die AG kommen, aber das ist für manche Menschen natürlich nicht so angenehm, weil man seine Erfahrungen mehreren Leuten erzählen muss und vielleicht Angst hat, verurteilt zu werden. Wir versuchen es natürlich so angenehm wie möglich zu gestalten und ihr seid jederzeit willkommen, wenn ihr kommen möchtet.

Vielleicht gibt es erstmal einen komischen Blick, aber den gibt es überall. Auch wenn man in eine neue Basketballgruppe kommt. Also habt da keine Angst. Das kann nur vielleicht so aussehen, dass wir komisch gucken.

Wir sind alle ganz nette Menschen.

 

Was bedeutet Schule ohne Rassismus

Vielleicht beantwortet dieses Interview nicht alle meine Fragen, aber eine Sache ist besonders wichtig: Dieses Schild bedeutet nicht, dass wir keinen Rassismus hier an der Schule haben, sondern dass wir bereit sind, gegen Rassismus anzukämpfen. Und es ist wichtig, dass man diesen Rassismus nicht über sich ergehen lässt. Man sollte sich für seine Hautfarbe, Herkunft und Sexualität nicht schämen müssen und es ist in Ordnung, Hilfe zu suchen. Denn dieses Schild bedeutet nicht, dass wir jegliche Fälle von Rassismus abstreiten, sondern dass man an dieser Schule immer die Hilfe kriegt, die man benötigt.

___________________________ 

Artikel: Viktoria Eret (7.1)

 

  Stimmen aus den Willkommensklassen 

 

Hallo, 
wir sind die neuen Schüler und Schülerinnen der Willkommensklassen WK1 und WK2. Wir sind eine starke Klasse und wir arbeiten mit unseren Lehrkräften Herrn Weigelin und Frau Oksymets zusammen. Wir respektieren uns. 
In unserer Klasse sind wir schwungvoll und optimistisch. Wir sind für Gleichberechtigung und gegen Rassismus. Wir freuen uns auf unsere Schule. Sie gefällt uns sehr. Wir möchten hier weiter lernen. 
Wir danken allen für ihre Teilnahme am Schulfest. Das war sehr gut. Wir danken auch dem Netzwerk „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ für den Vortrag. Wir  können allen unsere Schule, das Lilienthal-Gymnasium, nur empfehlen.
 
Vielen Dank!
 

___________________________ 

Gastbeitrag: Ephrem Kounoudji