How to: Abitur. Ein Versuchsprotokoll.

Das Abitur – wir alle arbeiten nur darauf hin. Doch wie laufen die Prüfungen eigentlich ab und welche Tipps und Tricks sollten dringend beachtet werden? Unsere ehemalige Chefredakteurin Emilia Friedrich reflektiert die letzten zwei Jahre ihrer Schüler*innenkarriere.

Artikel: Emilia Friedrich (Abitur 2023)

 

 

  How to: Abitur 

Ein Versuchsprotokoll

Als ich gefragt wurde, ob ich Interesse daran hätte, eine Art „Reflexion über meine Schullaufbahn“ mit entsprechenden Fragen zu schreiben, habe ich mich ähnlich gefühlt wie beim Ausfüllen unseres Abibuchs. „Was sind deine liebsten Erinnerungen an die Schulzeit?“… „Lieblingslehrer*in?“… „LKs?“… gefehlt haben nur das „Lebensmotto“-Feld und einige Kategorien der Rankings, die ich hier nicht näher ausführen sollte. Im Laufe meiner nunmehr sechs Jahre am Lilienthal habe ich einiges geschrieben. Seien es Interpretationen in Deutsch, Versuchsprotokolle in Chemie oder Medientagebücher in KoMIT. Letztendlich sollte alles davon auf „die große Prüfung“ vorbereiten, das gefürchtete Abitur – ich zumindest fand den Gedanken an eine fünfstündige Prüfung bis zum Schluss beängstigend. Gerade noch hatte ich doch LEKs in 30-minütiger Länge verfasst und auf einmal galten die „Bitte Ruhe! Abitur!“-Schilder in den Gängen meinem Jahrgang. Doch wie war der Weg dahin?

Natürlich berechtigt mich das Abitur, einen ultimativen Weg zu präsentieren, wie man die Oberstufe meistern kann.

Und natürlich war das völlige Ironie, denn in den zwei Jahren SEK II hab ich bei meinen Mitschüler*innen und mir selbst verschiedenste Strategien entdeckt, an das Abi zu kommen. So haben manche bereits am ersten Schultag mit Punkten hin und her gerechnet, NCs ausgeklügelt und Prüfungsfächer umgewählt, während andere frei nach dem Motto „Das wird schon“ in die Oberstufe gingen. Ich würde nicht mal sagen, dass es da eine Zwischenlösung gab. Und dennoch haben wir am Ende alle irgendwas bereut – sei es, sich nicht doch etwas mehr für die Zwei vor dem Komma anzustrengen oder die Zeit doch eher mir Freund*innen zu verbringen als mit den Lernzetteln für die Klausur in zwei Wochen. Die Schule ernst, aber nicht zu ernst zu nehmen, wäre vermutlich die gesunde Zwischenlösung gewesen.

Das soll keine Belehrung sein, denn wie gesagt, den einen Weg zum Abi gibt es nicht. Und sowieso sind das folgende vollständig meine Erfahrungen und das, was ich mir im Nachhinein so dazu denke. Für die, die es dennoch interessiert, einmal die basalen Tipps, die ich nach zwei Jahren Oberstufe geben kann:

1. Gute Leistungskurse sind das A & O.
Relativ simpel, aber immer wieder wichtig: LKs hat man nun einmal fünf Stunden die Woche und grundsätzlich mehr mit ihnen zu tun als mit einem Grundkurs (auch, da zum Beispiel doppelt so viele Klausuren geschrieben werden). Nehmt, was euch Spaß macht und interessiert, egal, ob es sich „nicht so seriös anhört“. (Fun fact: Ich hatte Leistungskurs Philosophie und kenne genug Menschen, die das nicht mal als richtiges Fach akzeptieren wollten. Spoiler: Mein Abi ist trotzdem gleichwertig mit allen anderen und der LK war die beste Entscheidung, die ich hätte treffen können.) Sprecht mit euren Lehrkräften, wenn ihr euch unsicher seid und findet raus, ob eure Lieblingsfächer auch für die Oberstufe als Leistungskurse infrage kommen. Vielleicht macht euch am Ende sogar die Abivorbereitung wenigstens ein bisschen Spaß – und wenn nicht, dann wenigstens die zwei Jahre vorher.

2. Klausuren sind eine Übung für das Abitur.
In meiner leicht irrationalen Panik vor der allerersten Klausur, wurde mir das mit auf den Weg gegeben und letztendlich stimmt es. Ihr habt Unterricht und lernt, auf dieser Basis für eine Klausur zu lernen. Nichts anderes sind die ersten drei Prüfungsfächer im Abitur, nur eben in ein bisschen größer – deswegen übt ihr ja dafür. Und keine Panik: Auch mit einem Punkt irgendwo, geht das Abi noch nicht flöten. Es ist manchmal sehr beruhigend zu wissen, wie wenig eine einzige Klausur am Ende in das gesamte Abi zählt.

3. Kennt euch mit dem Kurssystem aus.
Nichts anderes meint es. Ihr solltet wissen, was ihr wählen dürft und vor allem auch: wann ihr etwas nochmal umwählen dürft. Das ist besonders hilfreich, wenn man, wie ich, in der 11. Klasse feststellt, dass Französisch doch so gar nicht das ist, was ich aus der Mittelstufe kenne – schaut also rechtzeitig nach allen möglichen Deadlines und Vorgaben. BLL oder Präsentation in der 5. PK? Was muss ich einbringen und wo muss ich mich entsprechend mehr anstrengen? Nichts ist ärgerlicher, als ein Kurs, für den man hart gearbeitet hat und dann nicht einbringen kann, beziehungsweise der umgekehrte Fall: „Ups, das fließt ja doch in mein Abi mit ein…“ Alles ist am Ende auch weniger kompliziert, als es sich anhört. Man muss es nur rechtzeitig wissen.

4. Kennt euch mit den Fächern aus.
Es ist ähnlich wie mit dem Kurssystem: Wenn man weiß worauf man sich einlässt, verliert man auch nicht so leicht den Überblick. Meiner Erfahrung nach werden die Fächer von Klasse zu Klasse methodenorientierter. So haben wir in der 7. Klasse noch die Definition einer Demokratie entwickelt und auswendig gelernt, in der 12. Klasse fällten wir kategoriale politische Urteile – vereinfacht geht es also immer mehr darum, dass wir Probleme mit den Methoden lösen können, die wir in der Mittelstufe beigebracht bekommen haben. Diese Problemlösung ist von Fach zu Fach anders. In der Regel bekommt man einen Erwartungshorizont, Klausurleitfaden, Bewertungsraster oder Ähnliches zu Beginn des Semesters. Auch, wenn das erstmal eher weniger spannend wirkt, so ist es doch hilfreich, von Fach zu Fach zu unterscheiden, welche Anforderungen es gibt. Dementsprechend kann man auch das Lernen und die Mitarbeit effizienter gestalten und spart sich damit Zeit.

Das soweit zu den Dingen, die tatsächlich inhaltlich mit dem Abi zu tun haben. Für den letzten und meiner Ansicht nach wichtigsten Punkt, muss ich etwas ausholen.

Letztendlich standen wir dann also alle zusammen Ende Juni auf der Bühne und haben unser Zeugnis feierlich überreicht bekommen. Und es gibt wohl nicht „den einen Weg dahin“. Klar, man „solle sich ja mal nicht so anstellen“ und „es haben ja noch so viele andere Menschen das Abi geschafft“ und dennoch, egal, wie viele es bereits vor uns geschafft haben und nach uns noch schaffen werden: Es war anstrengend und das darf es auch sein. Es darf anstrengend sein, dauernd über die 5. PK zu reden, mehrere Monate in der Bibliothek sein zweites Zuhause zu finden und sich parallel noch mit dem gefürchteten „nach dem Abi“ auseinanderzusetzen. Gleichzeitig ist diese Zeit aber auch einzigartig und wird so niemals wiederkommen. Nach der 12. trennen sich viele Wege und das erste große Kapitel, die Schulzeit, geht zu Ende.

Es gibt dabei vieles, was in unserem Schulsystem schiefläuft und auch unser Lilienthal ist sicher nicht fehlerfrei. Dennoch lässt sich eine Sache betonen: Ganz viele verschiedene Menschen, von den Vertrauenslehrkräften zu den Mitschüler*innen, die auf dem Gang kurz grüßen, bis hin zu den Mensa-Mitarbeiter*innen, die einem nach der Klausur freundlich zulächeln, sorgen dafür, dass es uns auf der Schule möglichst gut geht. Es gibt Anlaufstellen für alle Fragen und Anliegen und am Ende waren wir alle doch zumindest ein ganz kleines bisschen nostalgisch, wenn wir auf die vergangenen sechs Jahre zurückblickten. Mehr als dazu zu raten, diese Zeit entsprechend zu genießen, kann man also vermutlich nicht. Der Rest wird sich eh finden.

Also: 5) Genießt die Zeit, die ihr habt. Knüpft neue Freundschaften, kümmert euch auch um die alten. Hört Musical-Soundtracks, während ihr noch nachmittags im Kunstraum sitzt, um das Projekt fertigzustellen. Geht gemeinsam Outfits für die Abiverleihung shoppen und macht Selfies dabei. Wenn ihr in der Freistunde zur Schule zurückrennt, weil ihr die Zeit (und den Unterricht) völlig vergessen habt, lacht darüber, wie verpeilt ihr doch seid. Unterstützt euch bei den Prüfungen (nichts ist wertvoller, als der Support der Freund*innen im Hinterkopf, während man die 5. PK vorstellt!). Besucht AGs, wenn ihr Lust habt, denn noch habt ihr die Möglichkeit. Wenn ihr die Abschlussrede halten wollt, haltet sie. Vergleicht euch nicht miteinander. Wenn ihr beim Abiball ein Kleid anziehen wollt, zieht eins an. Es interessiert am Ende eh niemanden – genauso wenig übrigens, ob ihr in Q1 in Englisch eine Zwei oder eine Vier hattet. Ihr macht das alles für euch. Dann klappt das auch.

Damit wünsche ich den Nachfolger*innen unseres Abijahrgangs eine tolle Zeit und viel Glück bei allem! Danke für sechs Jahre Lilienthal und davon fünf Jahre bei unserem geliebten FlugBlatt.

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Artikel: Emilia Friedrich (Abitur 2023) 

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