Emilia Friedrich (Q1)
Erstmal ist da die Idee. Ein Impuls aus dem Umfeld, aus der alltäglichen oder auch nicht ganz so alltäglichen Umgebung. Ein Geräusch, ein Satz, ein Foto oder ein Titel, der mir plötzlich in den Sinn kommt und mir nicht mehr aus dem Kopf geht. Darauf baue ich ein Gedanken-Gerüst. Eine Erweiterung der Idee, die nun konkreter wird. Warum beschäftigt mich das Thema so? Warum geht es mir nicht mehr aus dem Kopf? Warum werden die Gedanken darum lauter?
Es kommt das Bedürfnis, die Gedanken zu Papier zu bringen, was in der Umsetzung meist erstmal ziemlich ernüchternd ist. In meinem Kopf sind perfekt formulierte Sätze und eindrucksvolle Beschreibungen, die genau das ausdrücken sollen, was meine Kreativität angekurbelt hat. Die Idee, die mir so wichtig erscheint. Wenn ich das aufschreibe, werden die perfekten Formulierungen und eindrucksvollen Beschreibungen zu unnötig komplizierten, in meinem Fall oft verschachtelten Satzstrukturen und Beschreibungen, die kaum noch etwas mit den atmosphärischen Worten zu tun haben, die ich ursprünglich aufschreiben wollte. Ist doch unlogisch. Ich hab doch eigentlich genau das aufgeschrieben, was ich mir während der Mathe-Stunde sorgfältig überlegt habe. Klang im Kopf definitiv besser.
Wenn ich über diesen Punkt der Frustration hinaus bin, geht es weiter. Ich überarbeite, verschiebe Abschnitte, entwirre meine Sätze und besinne mich wieder auf die grundlegenden Rechtschreibregeln, die vorher natürlich völlig außer Acht gelassen wurden, wie mir die roten Unterkringelungen meines Laptops in „Word“ penetrant deutlich machen. Warum darf ich das denn nicht „Unterkringelungen“ nennen? Vielleicht sollte man mal ein Format starten „Diskussion mit der Autokorrektur – warum Wortneuschöpfungen ihre Daseinsberechtigung haben“. Manchmal fange ich auch neu an, weil ich zu viele unnötige Gedankengänge miteingebunden habe, die von meiner „ach so tollen“ Idee ablenken.
- Neues Word-Dokument -
Ist die Idee überhaupt gut? In meinen Kopf schleicht sich der Zweifel. Meine ursprünglich Euphorie auslösende Idee ist mehr zu einem neuen Punkt auf der To-Do-Liste geworden, der ähnlich frustrierend ist wie das Geo-Referat, das immer noch nicht fertig ist. Vielleicht ist die Idee auch gut und ich kann sie nur nicht ordentlich ausformulieren. Trotzdem setze ich mich ran und schreibe nochmal. Formuliere Sätze, die vielleicht doch gar nicht so blöd klingen und gebe mich mit einem mehr oder minder guten Ergebnis zufrieden. Dann kommt der nächste Gedanke und noch einer und noch einer. Und während die schulischen Pflichten gehässig in Form meines Hefters nach Beachtung verlangen, meine Familie zum Essen ruft und mein Handy klingelt, weil meine Freund:innen Panik vor der morgigen Klassenarbeit haben, schlage ich meinen Hefter zu, rufe ich nur ein kurzes „Komme gleich!“ und schalte meinen Klingelton aus. Immer mehr tauche ich ein in meinen Text, bringe die 26 Buchstaben des Alphabets in eine Reihenfolge, die ausdrückt, was ich sagen möchte und verleihe dem Dokument einen Titel. Vielleicht den vom Anfang, vielleicht einen ganz anderen. Der Text ist schließlich auch ein anderer. Ich finde meine Stimme. Und stelle sie am nächsten Tag der Redaktion vor und gebe es zur Korrektur raus. Mal gucken, was daraus wird.
Um mal (wieder) von vorne anzufangen: Dies ist ein Artikel, der ähnlich entstanden ist wie oben beschrieben. Eine bunte Mischung aus hastig gemachten Stichpunkten, sorgfältig vorbereiteten Word-Dokumenten und wirren Gedankengängen. Ich wollte gerade sagen, ich hätte sie allesamt wieder verworfen, aber eigentlich stimmt das nicht. Jeder dieser vermeintlich blöden Sätze hat mich weitergebracht und steckt in diesem Artikel drin. Die Frustration, die ich oben schon beschrieben habe, war hier besonders hoch, denn dieser Artikel ist ganz viel. Zunächst ist er ein Lob an unsere Redaktion. Die vergangene, gegenwärtige und künftige. Er ist ein Dank an unsere Leser:innen. Doch in erster Linie ist er eigentlich eine Ankündigung, zu der ich nun auch mal endlich komme. Um das Ganze mit einer Konfettikanonen-Party-Nostalgie-Mix-Wirkung zu formulieren: WIR SIND ONLINE! So richtig, mit eigener Website (offensichtlich)! Und mit wunderbaren Redakteur:innen, die diese Website mit Beiträgen füllen können! Mit Artikeln, Fotos, Comics, Audiodateien, Videos und allem, was uns so einfällt. Wir sind nicht länger eine Print-Zeitung, die halbjährlich erscheint, sondern eine beständig präsente Redaktion. Unsere Beiträge erscheinen online. Inhaltlich orientieren wir uns weiterhin an den Themenschwerpunkten, die uns wichtig sind, wollen vielfältig bleiben, uns weiterentwickeln, jetzt aber auch kontinuierlicher präsent sein. Für alle verfügbar. Jeden Beitrag aufs Neue. Wir sind unabhängig im mehrfachen Sinne, auch von äußeren Faktoren, wie zum Beispiel der ganz abwegigen Situation einer Pandemie.
Die vergangenen anderthalb Jahre Pandemie stellten uns auf eine harte Probe und vor wichtige Entscheidungen, denn im Gegensatz zu jetzt, waren wir auf eine derartige Situation nicht vorbereitet, als wir ins Homeschooling geschickt wurden. Wir hatten die Wahl: entweder online oder gar nicht. Und wir haben es geschafft, die erste Online-Ausgabe, damals im pdf-Format, auf der Schulhomepage hochzuladen. Mitten im ersten Lockdown. Es folgten zwei Hybrid-Ausgaben – online und gedruckt. Im Print-Format ließ sich die Ausgabe nur schwer unter die Leser:innenschaft bringen – pandemiebedingt, aber auch, weil es nun eine digitale Alternative gab.
Und jetzt ist der Zeitpunkt gekommen: Nach 20 Ausgaben „FlugBlatt“. 2012 erschien die erste Ausgabe, seitdem wechselten Redakteur:innen, und die Schule ging durch die Zeit. 20 Ausgaben, für die wir von Herzen dankbar sind und die uns mit Stolz erfüllen. Danke an alle, die Texte schrieben, Fotos knipsten, Anzeigekund:innen akquirierten, Recherchen tätigten, Interviews führten, Korrektur lasen, Layouts gestalteten, Snacks besorgten, Instagram-Beiträge hochluden, Redaktionssitzungen bereicherten und alle, die diese 20 Ausgaben möglich machten sowie alle, die sie lasen.
Jetzt wird es Zeit für ein neues Kapitel, in dem wir flexibler, unabhängiger und fortschrittlicher sind. Ab jetzt sind wir vollständig online verfügbar und wir freuen uns auf jegliches Feedback, jede Diskussion und jeden Gedanken, die wir anregen können, und auf die Zeit, die uns und künftigen Redakteur:innen beim „FlugBlatt“ zur Verfügung steht. Ich spreche hier immer von „uns“ und „wir“ als Redaktion des „FlugBlatts“, die ich in diesem Moment durch diesen Artikel repräsentieren darf. Auch dafür vielen Dank.
Um den Bogen zu spannen: Es hat sich viel beim „FlugBlatt“ verändert, was auch wir erst lernen dürfen und müssen. Gleichzeitig bleibt aber eine Sache gleich: Wir sind hier, um unsere Stimme zu finden und um sie anderen zu geben. Manche sind hier, weil sie gerne layouten. Oder weil sie sich mit der Erstellung von Fotos beschäftigen wollen. Oder weil sie es selber noch gar nicht so richtig wissen und wir es alle zusammen herausfinden. Ich bin hier, weil ich das Schreiben liebe und mich Worte faszinieren. Diese Worte zu finden, kann frustrierend sein – das kann man nervig finden oder einfach annehmen. Sich mit einem „okayen“ Artikel zufriedengeben, denn den perfekten gibt es eh nicht. Sich darauf einlassen, dazuzulernen. Jedes Wort, das ich schreibe, bringt mich weiter. Jede Idee ist es wert, aufgeschrieben zu werden, wenn sie das Bedürfnis danach hervorruft. Jede Idee ist es wert, diskutiert und zusammen weiterentwickelt zu werden. Jede Stimme kann festgehalten werden, wenn man das möchte. Und welcher Ort wäre dafür geeigneter als unser „FlugBlatt“? Ab jetzt online, noch aktueller, noch vielfältiger – wir freuen uns drauf – zusammen mit euch!
Und nochmal vielen Dank an dieser Stelle: an Herrn Lohse und Herrn Schulze für die großartige Unterstützung bei der Gestaltung der Website!
Fotos und Illustrationen: Emilia Friedrich (Q1), Lea Lachmann (10.2)