Toiletten im Hauptstadtfassaden-Stil – wie unsere Schule bunter wurde

Toiletten im Hauptstadtfassaden-Stil – wie unsere Schule bunter wurde

Emilia Friedrich (Q2)

 „[Ich] denke oft an eine Welt, die es so nicht gibt. Keine Waffen, keine Unterdrückung, keine toten Tiere, keinen Rassismus und keine falschen Belehrungen!“ – Jadore Tong

 Große Ziele – für eine große Welt. Eine Welt, die immer noch viel zu sehr von Ungerechtigkeit geprägt ist. Und zu wenig von „Respect“, „Empathy“, „Unity“ und „Peace“. Diese bedeutungsstarken Worte zieren nun einen Ort, den wir normalerweise nicht mit Kunst assoziieren: unsere Schultoiletten im Erdgeschoss.

Die meisten von euch werden es ohnehin längst bemerkt haben: Seit den Winterferien diesen Jahres ist unsere Schule um einiges bunter geworden. Zusätzlich zu den bemalten Wänden im Treppenhaus, dem Lilienthal-Gleiter in der Aula, dem Autor*innenbanner im Raum B101, den Zeichnungen im Kunst-Raum und vielen anderen Orten mehr, ist nun das Treppenhaus zu den Schultoiletten designt worden.

Wer?

Um das Zitat vom Anfang aufzulösen: Jadore Tong ist Street-Art-Künstler und kam an unsere Schule, um den langjährigen Wunsch – man könnte fast sagen: das omnipräsente Ziel – von verschönerten Schultoiletten zu erfüllen. In jeder Rede, jeder Schulsprecher*innenwahl, nahezu jedem zukunftsorientierten Schulausblick kommen Sätze wie „Toiletten verschönern/sanieren/verbessern/…“ vor.

Herr Tong hatte zuvor eine Berliner Hausfassade in einem fast schon malerischen Stil besprayt; durch diese prägnante und ästhetisch originelle Art der Gestaltung ist Frau Erler auf ihn aufmerksam geworden und hat sich des Projekts angenommen. Er selbst ist fasziniert von Street-Art. Was sie für ihn so besonders macht: „Wahrscheinlich die Größe! Und die Message, wenn es denn eine gibt?!“

Doch wie kam es dazu, dass diese Größe nun auf unseren Schulwänden anstatt an den Hauptstadt-Fassaden zu bewundern ist?

„Natürlich ist das ein Projekt, was man auch mit Schüler*innen machen könnte“, betont Frau Erler, aber Schule kann nicht nur für unsere Kunst (sprich: die Kunst von Schüler*innen) Platz bieten, sondern auch für professionelle Kunst – vielleicht kann das Zusammenspiel das jeweils andere umso mehr betonen. Dennoch wurden dann in Frau Erlers Klasse, der 10.2, im Rahmen des Unterrichts, Gestaltungsideen gesammelt. Es verfestigte sich der Gedanke des Sprühens als Methode.

„Sprühen deshalb, weil es ja ein funktionaler Raum ist, ein Raum, der benutzt wird. Und da sollte, meiner Ansicht nach, keine Fotografie oder ein anderes Projekt, was dann eventuell im Weg ist und was man dann auch nicht entsprechend würdigen kann, hängen. […] Ich hab mir das Ganze dann mal angeschaut und hatte den Eindruck, dass es fast so ein bisschen clubartig wirkt da unten“, meint Frau Erler.

Die Schultoiletten als Raum waren also in mehrfacher Hinsicht ein ungewöhnlicher Ort für Kunst. Wie kann man angemessen Bezug zu diesem Raum nehmen?

Das Thema „Raum“

Die ersten Entwürfe, die Herr Tong designte, waren etwas kindlicher. Das Universum, welches nun im realistischen Stil gesprayt ist, war comicartiger und bunter, die Raumwirkung insgesamt zweidimensionaler. Jadore Tong selbst erinnert sich gerne an seine eigene Schulzeit in Berlin zurück und möchte diese positiven Erfahrungen weitertragen – dementsprechend war der Ort „Schule“ kausal mit „Kindheit“ verknüpft. Diese konnte er dann in den Entwürfen für unsere Schultoiletten ausleben – „im Sinne einer positiven Naivität“, wie Frau Erler beschreibt. Die Zusammenarbeit von Herrn Tong mit Frau Erler und der 10.2 ergab letztendlich eine Mischung: ein dreidimensionaler Raum, in den man förmlich hineingesogen wird, kombiniert mit den spielerischen Schulbezügen, die das Ganze auflockern.

Die höhere Message (oder so ähnlich)

„Klar ist, dass wir in einer Zeit leben, wo sich Dinge nicht mehr umkehren lassen: zum Beispiel das Schmelzen der Eispole! Um das zu stoppen, müsste viel mehr passieren, daher ist jede Message, die darauf aufmerksam macht, wichtig. Ich denke, Verzicht im Großen würde schon viel verändern. […] Das ist meine Aufgabe: durch die Kunst zu inspirieren und Gedanken und Sichtweisen zu verändern.“ Jadore Tong hat eine eigene Philosophie, die weiterzutragen ihm ein Anliegen ist. Durch eigene Erfahrungen und die Suche danach, was die Welt bewegt, kommt er auf seine Designs, sodass er heute hauptberuflich Künstler und Designer ist. Und auch aus dem Projekt „Schultoiletten fürs Lilienthal“ konnte er etwas mitnehmen: „Das Projekt hat mich ja auch zum Nachdenken gebracht! Wie kann man vielleicht positiv inspirieren? Natürlich denkt man gerne an seine Schulzeit zurück und wie mir Dinge vermittelt wurden. Spielerisches Lernen sollte man viel mehr anwenden. […] Ich habe mich gefreut, dieses Projekt umsetzen zu dürfen, vielen Dank dafür!“

Dem können wir uns nur anschließen. Vielen Dank an Jadore Tong, Frau Erler und ihre Klasse sowie nicht zuletzt an den Förderverein, der das Projekt finanziell möglich machte. „Das schafft einfach auch eine Atmosphäre, in der sich Menschen wertgeschätzt fühlen.“ (Frau Erler)

Unsere Toiletten vereinen also nun Clubfeeling, einen malerischen Street-Art-Stil und die ganz großen Ziele im Sinne einer Welt, die vielleicht mal sein wird – welche Schule kann das schon von sich behaupten?

 

Fotos und darauf dargestellte Street-Art-Werke: © Jadore Tong 2022

Illustration: Emilia Friedrich (Q2)