"Ich würde nicht nach Amerika gehen." – Oder vielleicht doch?

Drucken

Konstantin war drei Wochen lang in den USA, um dort zur Schule zu gehen. Für das FlugBlatt vergleicht er deutsches Gymnasium mit amerikanischer High School und zieht nach 21 Tagen in Washington D.C. ein Fazit.

Artikel: Konstantin Kelp (9.1)

 

 

  "Ich würde nicht nach Amerika gehen." 

– Oder vielleicht doch?!

„Ich würde nicht nach Amerika gehen, vielleicht nach Kanada.“
Oder: „Sind da die Waffengesetze nicht schlimm? Ist es dort nicht gefährlich?“
Das sind nur zwei Reaktionen, die ich vor meinem Amerikaaufenthalt von Bekannten und Freunden gehört habe. Ich entschloss mich, trotz diverser Vorurteile die Reise in die USA zu machen, nicht zuletzt, weil mein Onkel US-Amerikaner ist und mir bei der Planung und Durchführung meiner Reise geholfen hat.

Mich interessierte, wie das Schulsystem in den USA funktioniert, vor allem, weil ich gehört hatte, dass die amerikanischen Schüler:innen schon in der High School viel spezialisierter lernen als wir auf einem deutschen Gymnasium. 

Für ein Auslandsjahr fühlte ich mich noch zu jung, aber eine dreiwöchige Reise mit Schulbesuch konnte ich mir gut vorstellen.

So reiste ich am 3.11.2023 nach New York, von dort weiter nach Washington DC, wo ich die Albert Einstein High School besuchte. Was kann ich nun berichten? Gibt es nur Burger in der Mensa? Finden die Experimente im Chemieunterricht immer in so tollen naturwissenschaftlichen Räumen statt, wie wir sie aus Serien kennen? Sind die Schulen in Amerika den Schulen in Deutschland digital voraus?

Ich hab mir das amerikanische Alltagsleben von Highschoolschüler:innen angeschaut. Der Schultag startet in der Regel um acht Uhr, so wie bei uns am Lilienthal-Gymnasium. Einen großen Unterschied in der Morgenroutine gibt es allerdings: Die meisten Schüler:innen werden von einem gelben Schulbus oder von ihren Eltern in die Schule gebracht. Kaum jemand läuft zur Schule. Es gibt sogar eine Aufsicht, die darauf achtet, wo und wie lange die Eltern parken, um ihre Kinder rauszulassen.

Im Anschluss suchen die Schüler:innen ihre Klassen auf, wo man – wie bei uns – verschiedene Unterrichtsfächer bewerkstelligen muss. An den High Schools gibt es festgelegte Pflicht- bzw. Kernfächer, die besucht werden müssen. Dazu gehören zum Beispiel Mathematik, Amerikanische Geschichte etc. Darüber hinaus gibt es aber ein breites Angebot an Fächern, die die Schüler:innen selbst wählen können. Somit gestalten sich die Stundepläne individueller als bei uns am Gymnasium. An der Albert Einstein High School, die ich besucht habe, kann man zum Beispiel Spanisch, Japanisch oder Theaterwissenschaften lernen bzw. Theater spielen. Auch Astronomie und naturwissenschaftliche Zusatzkurse gehören zum Angebot.

Zu Beginn des Schuljahres werden die Schüler:innen bezüglich ihrer Stundenpläne von einem Counselor beraten und diese werden dann individuell zusammengestellt. Jede Lehrkraft hat einen Kursraum und die Schüler:innen besuchen dann die einzelnen Kursräume. Einen Klassenverband, wie wir diesen vom deutschen Schulsystem kennen, gibt es demnach nicht. Besonders beeindruckt hat mich das außerschulische Angebot. Nach dem Regelunterricht finden jeden Nachmittag diverse Aktivitäten statt. Die Schule hat ein eigenes Sportteam, das vor allem nachmittags Basketball und Leichtathletik trainiert. Aber auch musikalische und künstlerische Arbeitsgemeinschaften können besucht werden, wie zum Beispiel der „Audio and Visual Production/Film Club“ oder die „A Cappella“-AG.

Die Albert Einstein High School hat ein Theaterprofil. Ich habe mir abends eine Theateraufführung angeschaut und war beeindruckt, wie gut die Schüler:innen gespielt haben. Das Theaterstück namens „Lavender“ wurde von einem Schüler aus einer der höheren Jahrgänge geschrieben.

Was die Digitalisierung angeht, konnte ich feststellen, dass die Schule in der Nähe von Washington DC auch nicht wesentlich weiter ist als wir. Teilweise haben die Lehrkräfte mit Tablets gearbeitet und mehrere Schüler:innen hatten eigene Tablets dabei, wobei im Unterricht auch noch viel analog gearbeitet wird. Alles in allem haben die Schüler:innen aber projektorientierter gearbeitet und selbstständig Ziele bzw. Forschungsfragen formuliert. Das ist mir vor allem in den Naturwissenschaften aufgefallen: In Chemie wird zum Beispiel viel eigenständig experimentiert.

Insgesamt verbringen die Schüler:innen mehr Zeit in der Schule als wir das tun.

Vergleichbar mit unserem Schulsystem ist dagegen der Tagesablauf: Nach den ersten Stunden gibt es eine Pause. Die meisten Schüler:innen bleiben im Schulgebäude und halten sich in der Cafeteria oder in den Gängen auf. Manche sind aber auch auf dem Innenhof der Schule. Im Anschluss geht der Unterricht weiter, danach folgt eine größere Pause. Ab fünfzehn Uhr beginnen die Arbeitsgemeinschaften bzw. außerschulischen Aktivitäten, die aber alle auf dem Gelände der Schule stattfinden.

Im Gegensatz zu unserer Cafeteria, ist die an der Albert Einstein High School viel größer und es gibt für jede:n einen Platz. In der Cafeteria stehen ebenfalls Automaten, an denen man sich mit Chips, Cola und anderen Süßigkeiten versorgen kann. Dennoch finde ich unsere Cafeteria sowie unser Schulgebäude moderner, die Cafeteria an der AEHS ist alt und macht einen schmutzigen Eindruck. Außerdem sind die Portionen sehr klein und kosten relativ viel. Es kann also gesagt werden, dass das Essen aus unserer Perspektive ungesund und wenig nachhaltig in der Mensa der AEHS angeboten wird.

Doch insgesamt war ich von der Albert Einstein High School beeindruckt und habe es genossen, mir dort einen Einblick in das amerikanische Schulleben zu verschaffen. Die Schulen in den USA sind wahrscheinlich ebenso unterschiedlich wie bei uns in Deutschland und ich habe nur einen kleinen Ausschnitt aus dem amerikanischen System kennengelernt, aber das, was ich mitbekommen habe, gefiel mir sehr gut. Vor allem auch das individuelle Lernen nach Interessen. Das wäre auch für unser Schulsystem erstrebenswert. Und ja: In mancher Situation habe ich mich wie in einer amerikanischen High-School-Serie gefühlt, allerdings kann ich nicht behaupten, in gefährliche Situationen geraten zu sein.

 ___________________________ 

Artikel: Konstantin Kelp (9.1)

 
Tags: